Buchtipp: Angekommen am Berliner Hauptbahnhof Am Rand von EuropaCity

Am Rand von EuropaCity
Berliner Hefte zu Geschichte und Gegenwart der Stadt #9
Alexis Hyman Wolff, Achim Lengerer und Yves Mettler (Hg.)
136 Seiten
Berliner Hefte, Berlin 2022
ISBN 978-3-946674-08-5
7 Euro

Von März 2018 bis Mai 2019 widmete sich das künstlerisch-aktivistische Projekt Am Rand von EuropaCity den planerischen Versäumnissen und den exklusiv-exkludierenden, zuweilen tristen Ergebnissen, die zwischen dem 2006 eröffneten Bahnhof und den gewachsenen, teils sozial schwachen Vierteln der Umgebung entstanden. Letztes Jahr erschien nun die gleichnamige, von Alexis Hyman Wolff, Achim Lengerer und Yves Mettler herausgegebene Publikation als Band 9 der Reihe Berliner Hefte zu Geschichte und Gegenwart der Stadt. Auf 136 Seiten haben die Herausgeber kritische Essays, Aussagen von Betroffenen und Forscher*innen und eine Projektdokumentation zusammengestellt. Eine ganze Reihe an Audioaufnahmen, die während des Projekts vor Ort entstanden, sind auf der Webseite amrandvoneuropa.city verfügbar.

Der interessanteste Beitrag des Buches aus architektonisch-planerischer Perspektive ist der im besten Sinne fußnotengesättigte Beitrag von Mettler, in dem er die Entwicklung des Quartiers nachzeichnet und die zentralen Player benennt, von denen insbesondere die CA Immo wichtig ist. Das österreichische Unternehmen übernahm 2007 die Deutsche Bahn-Immobilientochter Vivico samt deren Liegenschaften und wurde somit zu einem federführenden Akteur auf dem Areal. Ein wirklich progressives Projekt war angesichts der damals viel zu zurückhaltend agierenden Lokalpolitik und der frühen Weichenstellungen in Richtung Renditeorientierung sowieso nicht zu erwarten. Mettler zeigt jedoch im schnellen Durchlauf vieler Einzelprojekte, wie aus durchaus ansehnlichen Vorhaben in den Entscheidungs- und Planungsprozessen ein uninspiriertes und zuweilen beklemmend trauriges Stück Stadt wurde.

Wie man das Quartier wohl zu lesen hat, darauf gibt Katja Niggemeier vom Quartiersmanagement Brunnenstraße einen Hinweis, deren Aussage prominent am Ende der Zitatsammlung des Buches steht: „Aber vielleicht ist es auch so, dass es irgendwelche modernen Transiträume geben muss. Wenn man das vergleicht mit einem Raum wie dem Soldiner Kiez, der ein Stück weit – um das mal zuzuspitzen – immer noch ein Transitraum der Armutsmigration darstellt, dann ist die Europacity vielleicht einfach ein Transitraum für diesen Businessbereich, den Berlin ja so nie hatte. Vielleicht ist es so, dass man gar nicht versuchen sollte, alles von allen Räumen zu wollen.“

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