Wiener Orientalismen - Ausstellung zur Weltausstellung 1873

Eröffnung: Dienstag, 27. Juni 2023, 19 Uhr
Ausstellung: 28. Juni bis 22.Oktober 2023
Ort: Museum für angewandte Kunst MAK, Design Lab, Stubenring 5, 1010 Wien

www.mak.at

Nach London und Paris und dann nochmals London und Paris fand die fünfte Weltausstellung 1873 in Wien statt. Auf dem weitläufigen Ausstellungsgelände im Prater entstanden – neben dem seinerzeit weltweit größten Kuppelbau „Rotunde“ und dem „Industriepalast“ mit historistischer Skulpturendekoration – insgesamt 194 einzelne Pavillons in unterschiedlichsten Baustilen vom Schweizerhaus über die „afrikanische Hütte“ bis zum Palast des Vizekönigs von Ägypten.

150 Jahre später eröffnet das Museum für angewandte Kunst MAK am Dienstag, 27. Juni die von Mio Wakita-Elis mit Johannes Wieninger kuratierte Schau Wiener Weltausstellung 1873 Revisited. Ägypten und Japan als Europas „Orient“, die sich am Beispiel der beiden Länder kritisch mit dem damaligen kulturgeografischen Verständnis und der Präsentation des „Orients“ als orientalistisches Konstrukt des 19. Jahrhunderts auseinandersetzt. Dabei konnte das MAK aus seinen reichen Sammlungsbeständen schöpfen, deren Entstehung eng mit der Weltausstellung verknüpft ist. Insbesondere Japan, das 1873 erstmals als Nation an einer Weltausstellung teilnahm, stellte sich mit zahlreichen Kunstwerken vor, die dann als Geschenke an europäische Museen gingen, darunter auch an die Vorläuferin des MAK – das k. k. Österreichische Museum für Kunst und Industrie.

Als Ausgangspunkt werden zwei europäische Akteure in den Blick genommen: Der deutsche Chemiker Gottfried Wagener (1831–92), der für die Präsentation Japans verantwortlich war, und der österreichisch-tschechische Architekt Franz Schmoranz (1845–92), der die Präsentation des Khedivats Ägypten verantwortete und im Auftrag des Khediven die ägyptische Bauten gestaltete. Für die Ausstellung wurde das von Schmoranz entworfene „Arabische Zimmer“ rekonstruiert und mit noch vorhandenen Objekten der Sammlungsbestände vervollständigt. Zu sehen sind auch Aquarelle des Zimmers von Le Corbusier, die er im Rahmen einer Reise nach Wien 1908 anfertigte.

Theoretische Grundlage der Ausstellung ist die Infragestellung des Orientalismus-Ansatzes, den der US-amerikanische Literaturtheoretiker Edward Said 1978 in seinem Buch Orientalism als stark dichotomische Gegenüberstellung von Orient und Okzident formulierte. Im Rahmen der Ausstellung wird Orientalismus dagegen als ein komplexes Gebilde dynamischer Verhandlungsprozesse verstanden, die auch Praktiken wie Self-Othering, Widerstand und Komplizenschaft des „Orients“ miteinschließen. Anhand der Interaktionen von Schmoranz und Wagener mit Akteuren aus Ägypten und Japan wird die Komplexität der Orientalismen im Wien des späten 19. Jahrhunderts exemplarisch aufgezeigt.

In einem groß angelegten Projekt recherchierten die Bibliothek und die Kunstblättersammlung des MAL alle anlässlich der Weltausstellung erschienenen Kataloge und Berichte der 35 teilnehmenden Länder, die nun den bereits online gestellten Fotobestand ergänzen. Sämtliche 222 Publikationen sind ab der Eröffnung der Ausstellung im Volltext online durchsuchbar.

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